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Auguste (1815- |
Kurs
1892) |
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Die Sage Es ruht im Waldesdunkel Ein wunderbares Weib, Von wallenden Gewändern Umhüllt den schönen Leib. Der Blätter Schatten zittern Herab auf die Gestalt, Und süßer Duft und Nebel In ihrer Nähe wallt. Es geht ein seltsam Rauschen Umher von Baum zu Baum - Das schöne Weib, es regt sich Und flüstert wie im Traum. Das ist die holde Sage, Die zaub'risch ewig jung, Sie ruht hier eingeschlafen In grüner Dämmerung. Habt Acht! sie wird erwachen, Mit ihr die alte Zeit, Schon machen sich die Elfen Zum luft'gen Tanz bereit. Schon schwingt der wilde Jäger Den mächt'gen, scharfen Speer, Es kommt der treue Eckart Und wandelt vor ihm her. Truthina die Vielschöne, Auf weißem Hirsche naht, Frau Venus harrt im Berge Mit ihrem ganzen Staat. Schon tönt in Wassers Rauschen Undinen's leiser Sang, Welleda's weißer Vogel Fliegt schon das Thal entlang. Es schüttelt graue Locken Der alte Rübezahl, Und Salamander weben In jeder Flamme Strahl. Aus dunkelm Schacht der Erbe Drängt Gnomenvolk herauf; Du alte, holde Sage, Und wachst du noch nicht auf? Wie unter dunkeln Wimpern Das Auge schon sich regt, Wie zu dem ersten Worte Die Lippe sich bewegt. - Umsonst! sie hat im Traume Nur leicht das Haupt gewandt. - Das schöne Weib, es schlummert, Als wär' es festgebannt. ------------------ Es rauschen laut die Bäume - Die Sage ist erwacht, Sie tritt hervor, holdselig Aus duft'ger Waldesnacht. Sie senkt die langen Wimpern, Sie ist geblendet ganz Von all' der Lebensfülle Im lichten Sonnenglanz. Es ragt in blaue Lüfte Ein mächt'ges Schloß empor, Dahin nun geht die Sage Und klopfet an das Thor. Der Pförtner will nicht öffnen, Bevor sie sich genannt - Sie hebt das Haupt unwillig, Daß sie nicht gleich erkannt. »Ich bin die alte Sage, Willkommen überall, Ich bring' aus alten Zeiten Gar schönen Wiederhall.« »Du sprichst von alten Zeiten, Wir blicken nicht zurück, Wir suchen nur für Heute Genuß und neues Glück,« Die arme Sage wendet Sich weiter, still und matt - Sie geht bis an die Thore Von einer großen Stadt. Am Thore läßt die Wache Die Bittende nicht ein, Sie hat ja kein Gewerbe, Nicht Paß noch Wanderschein. »Ich bin die alte Sage,« Spricht sie zum zweiten Mal, »Mit meinen süßen Wundern Beleb' ich Berg und Thal.« Da lachen sie der Armen Gar höhnisch in's Gesicht, »Für uns bist du verschollen, Bedürfen deiner nicht. In den belebten Straßen Verhallt dein leises Wort, Wir wollen nur erwerben, Wir streben rüstig fort. Wir wollen freie Presse, Uns fehlt Constitution!« Die Kinder selber wenden Den Blick hochmüthig schon. Die arme schöne Sage, Die keiner kennen will, Sie wandert fort, beklommen Und weinet nur ganz still. Sie lenket von dem breiten, Gebahnten Wege fort, Sie hofft noch auf Willkommen Am ländlich stillen Ort. Im Felde sind die Schnitter Vereint in voller Zahl; »Ich bin die alte Sage,« Spricht sie zum dritten Mal. »Was kümmert uns die Sage! Zwar wär's den Großen recht, Wenn wir so gläubig wären, Wir niederes Geschlecht. Doch wir sind vorgeschritten Aus der Unwissenheit, Uns läßt des Tages Arbeit Zu Mährchen keine Zeit.« Verschüchtert hüllt die Sage Sich in den Schleier ein, Und geht mit bangem Zögern Nun in das Dorf hinein. Da sitzt vor nied'rer Thüre Ein Mütterchen und spinnt, Sie sieht die Sage kommen, Und hebt das Haupt geschwind. Ihr glüht das matte Auge Im Abendsonnenstrahl - »Du liebe, schöne Sage, Ich grüß' dich tausendmal. Wie hab' ich in der Jugend So innig dir vertraut, Wie lauscht' ich da so eifrig Der leisen Stimme Laut. Mir ist, da ich dich sehe, Als würd' ich wieder jung, Als nahtest du mir wieder In trauter Dämmerung; Als hätt' ich nicht durchwandert So lange Lebensbahn, Als wären deine Wunder Mir wieder aufgethan. Noch weiß ich deine Lieder, Die holden Mährchen all', Doch ach, es höret Keiner Auf meiner Stimme Schall. Wovon so gern ich spräche, Es soll auf ewig ruhn, Und was ich jung geliebet, Verhöhnen soll ich's nun. Du hast mich stets erfreuet Wie nimmer sonst geschehn, Und darfst du hier nicht weilen, So laß mich mit dir gehn. Da reicht die holde Sage Dem Mütterchen die Hand, Und führt die Lustverjüngte Hinein in's Wunderland. Des alten Berges Pforten Sie fallen zu gar schwer, Und keine blaue Blume Erschließt sie jemals mehr. |