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Louise
(1777-
 
 Brachmann
1822)
 
 
 
Roccafrieda
 
Um die schöne Roccafrieda
Warben viel der schönen Ritter;
Um sie Grafen, schön und stattlich,
Warben sieben an der Zahl.
 
Doch es wies bescheiden, sittig
All' sie ab, die edle Dame;
Was verlangst du, schöne Herrin?
Sind sie stattlich nicht und schön?
 
Willst du Gold? In goldner Rüstung
Schimmert der; ihm prangen Schlösser; -
Zartste Jugend, Rosenblüthe
Schmückt des Zweiten Angesicht.
 
Willst du Schönheit? Himmelstrahlen
Brechen aus des Dritten Augen.
So, was Keinem fehlt, vereinet
Einer stets im höchsten Maß.
 
Um die schöne Roccafrieda
Warben selbst der Fürsten Söhne:
Willst du Hoheit, schöne Herrin?
Drei Herzöge lieben dich! -
 
Doch auch sie mit zarter Demuth
Wies zurück die edle Dame;
- Nun, was willst du, edle Jungfrau?
Wen noch sucht dein hoher Sinn?
 
Doch der edle Montesinos,
Durandarte's tapfrer Vetter,
Der noch sterbend ihn umfaßte,
Als er fiel bei Ronceval;
 
Er nur herrscht im reinen Herzen. -
War er schöner? holder? - Wisset:
Einer, den sie nie gesehen,
War der Abgott ihrer Brust.
 
Hold und schön war Montesinos;
Doch sie hatt' ihn nie gesehen:
Nur der Ruf der schönstem Thaten
Drang zum Ohr der schönsten Frau.
 
Und mit Himmelsstrahlen schmückten
Sie sein Bild im Aug' der Hohen;
Eh' sie sah die edeln Züge,
Ruht er in der zarten Brust.
 
»Eins nur ist des Lebens Zierde,«
Sprach sie: »ewig schöne Jugend!
Sie nur darf der zarten Liebe
Schwester und Gefährtin sein.
 
Und verschmäht der Männer Erster
Auch des treuen Herzens Liebe;
Keinem sei das Herz ergeben,
Wird der Edelste nicht mein!«