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Elisabeth
(1808-
 
 Kulmann
1825)
 
 
 
Der Sumpf
 
Umsonst ist dein Bemühen,
O Sumpf, mich anzulocken!
Wie sehr mir auch dein sammtnes,
Nur zart begrastes Ufer,
Wie sehr mir auch dein Schilfrohr,
Das Winde sanft bewegen,
Und die goldfarbnen Blumen
Gefallen, die dich zieren
Und sich, wie dein Gewässer,
Erheben oder senken,
Werd' ich dir doch nicht nahen.
Zu viel hat mir die Mutter
Erzählt von den Gefahren,
Die auf den Unerfahrnen,
Der dir zu nah kommt, lauern,
In deinem Schlamme wohnen
Die gelbgefleckte Kröte,
Und gier'ge Wasserschlangen,
Die, wenn sie Kinder sehen,
Schnell auf das Ufer kommen
Und um den Fuß sich winden,
Der tief und immer tiefer
In die vermeinte Wiese
Versinkt, bis endlich Rettung
Unmöglich ist. Das steht uns
Bevor am hellen Tage.
Hat sich die Nacht gesenket,
So lockest du den Wandrer
Von weitem an mit deinen
Unsteten, leichten Flammen,
Die in der Geisterstunde
(Vielleicht, wer kann das wissen,
Sind selbst sie Geister) seltsam
Sich hin und her bewegen
In schauerlichen Tänzen.
Nein, Sumpf! vergebens harrst du
Auf mich; mir schaudert, wenn ich
Auch nur so an dich denke.
 
 
 

Anmerkung des Herausgebers K. F. von Großheinrich:
 
Nenuphar (nymphaea), Wasserlilie, auch Wasserrose genannt. Ihr sehr langer, aber dünner Stengel ist zu schwach, die großblätterige Blume zu tragen; sie ruht also immer auf der Oberfläche des Wassers, und steigt und sinkt mit ihm. Bei einem außerordentlich hohen Wasserstande, der die Länge ihres Stengels übersteigt, schwimmt sie zwischen zwei Wassern.