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Sidonie
(1852-
 
 Grünwald-Zerkowitz
1907)
 
 
 
Schamhaftigkeit
 
Du schiltst mich: kalt, ohne wahres Empfinden,
Indessen Höllenlohen sich winden
Mir durch den Leib, darin zu ringen
Mit der - Scham, die sie dämpfen möcht' und bezwingen!
 
Durchs Innerste wogt mir ein glühendes Drängen
In eines mit Dir mich zu vermengen, -
Mit dem ganzen Sein Dich zu umfassen,
In jede Pore Dich einzulassen!
 
Wie, nur ihre Schönheit als einzige Hülle,
Die Erde sich bringt in nackter Fülle
Dem glühenden Sonnenstrahl entgegen:
So möcht' ich in Deine Arme mich legen!
 
... Ja, liehe ein Traum mir seine Hände,
Den Gürtel zu lösen mir von der Lende ...
Zum Werke der Liebe das Kleid mir zu schürzen ...
Den Kampf mit meiner Scham mir zu kürzen!
 
Und bettete mich der Traum auf das Kissen ...
Ohn' daß ich, wie's geschah ... müßt wissen!
Möcht' Traumes zauberhaftes Walten
Indessen die Seele umfangen mir halten,
 
Indess, bis ich auf schweigsamem Pfühle
Süß Deinen Odem wirken fühle! -
... Der Traum der Scham die Augen verbände
Und ich - im Himmel mich befände! ...