Zur Startseite
 
Inhalt      Register
 
 
< voriges Gedicht           nächstes Gedicht >
 
Sibylla
(1621-
 
 Schwarz
1638)
 
 
 
Ein Gesang wieder den Neidt
 
    HAtt zwar die Mißgunst tausendt Zungen /
Und mehr dan tausend ausgestreckt /
Und kompt mit macht auf mich gedrungen /
So werd ich dennoch nicht erschreckt;
Wer Gott vertrawt in allen dingen /
Wirdt Weldt / wird Neidt / wird Todt bezwingen.
    Hör ich gleich umb und umb mich singen
Die sehr vergifftete Siren;
So soll mich dennoch nicht bezwingen
Ihr lieblichs Gifft / und hell gethön;
Ich will die Ohren mir verkleben /
Und für sie frey fürüber schweben.
    Gefellt dir nicht mein schlechtes Schreiben /
Und meiner Feder edles Safft /
So laß nur balt das Läsen bleiben /
Eh dan es dir mehr unruh schafft;
Das / was von anfang ich geschrieben /
Wird kein verfalschter Freund belieben.
    Weistu mich gleich viel für zuschwetzen /
Von meiner Leyer ab zustehen;
So soll mich doch allzeit ergetzen
Das Arbeitsahme müssig gehen:
Laß aber du dein Leumbden bleiben /
Damit du mich meinst auff zureiben.
    Ich weiß / es ist dir angebohren /
Den Musen selbst abholt zu sein /
Doch hat mein Phoebus nie verlohren /
Durch deine List / den hellen Schein:
Die Tugend wird dennoch bestehen /
Wen du / und alles wirst vergehen.
    Ein grimmes Thier hat dich erzeuget /
Die Höllgöttinnen haben dich
An ihrer harten Brust geseuget /
Und Momus nennt dein Vater sich;
Dein Vaterland ist in der wüsten /
Da Basilisk und Eulen nisten.
    Solt ich üm deinet willen hassen
Den allzeit grünen Helicon /
Und mich zu dir herrunter laßen /
So hett ich warlich schlechten Lohn.
Nein / ich bleib auf Parnaßus Spitzen /
Du magst in Plutons Reiche sitzen.
    Was würde wol mein Phöbus sagen /
Wen ich das grüne Lohrberlaub
Mir würde selbst vom Häupte schlagen /
Und werffen in der Erdenstaub?
Euterpen würd es ja verdrüßen /
Wenn Ihre Magd wehr außgerißen.
    Thalia würd es hoch empfinden /
Und Clio würde zürnen sehr /
Ließ ich die werthe Leyer hinden /
Und liebte Neid und Leümbden mehr:
Drüm laß nur ab mit deinen Rencken /
Mein zartes Alter baß zu krencken /
    Vermeynstu / daß nicht recht getroffen /
Daß auch dem weiblichen Geschlecht
Der Pindus allzeit frey steht offen /
So bleibt es dennoch gleichwohl recht /
Daß die / so nur mit Demuht kommen /
Von Phoebus werden angenommen.
    Ich darf nun auch nicht weitergehen /
Und bringe starcke Zeugen ein;
Du kanst es gnug an disem sehen /
Daß selbst die Musen Mägde sein:
Was lebet soll Ja Tugendt lieben /
Und niemandt ist davon vertrieben.
    Gantz Holland weiß dir für zusagen
Von seiner Bluhmen Tag und Nacht;
Herrn Catzen magstu weiter fragen /
Durch den sie mir bekant gemacht:
Cleobulina wird wol bleiben /
Von der viel kluge Federn schreiben.
    Was Sappho für ein Weib gewesen
Von vielen / die ich dir nicht nenn /
Kanstu bey andern weiter lesen /
Von den ich acht und fünffzig kenn /
Die nimmer werden untergehen /
Und bey den Liechten Sternen stehen.
    Sollt ich die Nadel hoch erheben /
Und über meine Poesey /
So muß ein kluger mir nachgeben /
Daß alles endlich reisst entzwey;
Wer kann so künstlich Garn auch drehen /
Das es nicht sollt in stücken gehen?
    Bring alles her auß allen Enden /
Was je von Menschen ist bedacht /
Was mit so klugen Meister Händen
Ist jemahls weit und breit gemacht /
Und laß eß tausend Jahre stehen /
So wird es von sich selbst vergehen.
    Wo ist Dianen Kirch geblieben?
Des Jupters Bild ist schon davon;
Sind nicht vorlengst schon auffgerieben
Die dicken Mauren Babilon?
Was damahls teuer gnug gegolten /
Wird jetzt für Asch und Staub gescholten.
    Doch daß / was Naso hat geschrieben /
Was Aristoteles gesagt /
Ist heut bey uns noch überblieben /
Und wird auch nicht ins Grab gejagt /
Sie leben stets und sind gestorben /
Und haben ewigs Lob erworben.
    Was uns die Schar der Klugen lehret /
Wird heut noch durch der Feder Macht /
Auff Fama Pfeiffen angehöret /
Und uns zur Nachricht fürgebracht /
Ihr Lob wird weit und breit erschallen /
Bis alles wird zu Boden fallen.
    Wan selbst das weite Rund von innen
Auch wehre lauter schwartze Dint /
So wird es doch nicht leschen können /
Wes man von den geschrieben findt /
Die mit geflügelten Gedancken
Nicht von der Weißheit bahne wancken.
    Mein Opitz (dem das Lob gebühret /
Das Teutschlandt / seiner Sprachen Pracht
Und edlen Leyer halben führet /
Weil Er den anfang hat gemacht)
Wird billig oben an geschrieben
Bey den / die Kunst und Tugend lieben.
    Sein Lob wird nicht verdecket werden /
Kein Neid verbirget seinen Preiß /
Weil selbst das große Rund der Erden
Mit seiner Kunst zu pralen weiß;
O möcht ich halb so guht nur singen /
Und so den Thon der Leyer zwingen!
    Laß nur / O Neid! dein Leumbden bleiben /
Ich weiß es ohn dich mehr als wol /
Wen ich nicht mehr Poetisch schreiben /
Undt dieses hinterlassen soll.
Ich wil mich in die Zeit wol schicken /
Du solt mich doch nicht unterdrücken.
    Ich wil hinfüro GOTT vertrawen /
Von dem soll sein mein Tichten all /
So kan mich auch für dich nicht grawen /
Drüm sag ich billig noch einmahl:
Wer GOTT vertrawt in allen Dingen /
Wird Welt / wird Neid / wird Todt bezwingen.