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Sibylla (1621- |
Schwarz
1638) |
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Fretowische Fröligkeit Meinen Liebsten Freunden und Mittgenießern der Fretowischen Fröligkeit sey dises zu den Füssen geleget und freundtlichen anbefohlen KEgenwertiges Getichte / dz zu Ehren der Fretowischen Fröligkeit angefangen / solte ja besser und viel besserer sein eß gehet mich aber damit / als es gemeinlich daher gehn pflegt / daß das / welches am meisten schöne seyn soll / das schlechteste wird. Doch weiß ich nicht / Liebste Freunde und Freundinnen / waßer uhrsachen mir unser Phebus so ungünstigk ist / daß meine Feder denselben / den sie für allen auff der Welt verpflichtet ist / jetzo verstimpelt wird / kan endtlich nichts daraus schliessen / als das die Neun Schwestern nicht Damit zu frieden sein / und es für eine grobe Künheit schetzen / wen eine mit so schlechtem verstand begabte Persohn wie die meine / eine so hohe Fröligkeit gnugsahm zu beschreiben sich unterwinden darff. Dem sey nun / wie ihm wölle / so ist doch einmahl gewiß / daß der / der etwas liebet / immer von dem geliebten rädet / tichtet / schreibet / und sich tächlich quelet / etwas zu erdencken / das zu deßen Ehre (das er liebet) gereichen möge; Und ob ich zwar wol / in betrachtung meiner Unwürdicheit / gezweiffelt / Ob ich / Euch zu Ehren / meine Feder netzen dürffe / so ist doch meine zuversicht zu euch so groß / daß ich der bestendigen Hoffnung gelebe / Ihr werdet diese hierinn begangene Fehler mit dem Mantel der Freundtschafft freundtlich zu decken / und den geneigten willen an stadt schuldiger danckbarkeit / von mir annehmen / weil es ja einig darümb geschrieben / daß unsere Fretowische Fröligkeit / des hochverdienten Lobes nicht beraubet werde / pitte undter deßen / Ihr wollet nicht etwas / das euch für augen kompt / wegen Schönheit / höher halten / als mein Fretow / sondern die Freundschafft / die Krone der Sterblichen / allen andern schetzen fürziehen. Ihr wollet auch dieser Freundtschafft keine Flügel / die euch etwa die Hoffart geben könte / ansetzen / sondern in Ewicheit euwere Trewe unverbrüchlich beybehalten; Zwar kan ich bereits nicht versichert sein / daß nicht etzliche undter Euch (Ja wol meine Liebsten) mir nicht das beste nachreden / wiewol ihnen solches die Tugendt nicht befiehlt / So ist dennoch der Fretowische Glaube so groß bey mir daß ich solches alles / wen es mir fürgebracht wird / in den Windt schlage / und gedencke / daß ich von euch allen gelobt zu werden / noch nicht verdienet habe / bitte aber schließlich / Ihr wollet dise schlechte Reime so lang verlieb nehmen / biß der Himmel mir krefte verleihen wirt / (welches ich dan stetigs wündschen wil) damit ich mein zu dienen begieriges Herze / und grosse zuneigung / euch vollenkommen erweisen magk / und Ihr spüren müget / daß ich dieselbe in der that und wahrheit bin / die sich nennet Euwere biß in Ihr finster grab ergebene Dienerin / als unwürdige Mitgenießerin Fretowischen Fröligkeit. Den 8. Decemb. An. 1633.S. S. H. L. G. [= Hilf Lieber Gott] ISt schon die gantze Welt im Bluhte durchgenetzet / So bleibt doch etwas noch / damit man sich ergetzet; Ob schon ein Mensche gantz verlacht das Thun der Welt / So hat er doch noch was in ihr / das ihm gefellt / Und das er rühmt und lobt; kein Traurich sein / kein klagen Ist so groß / daß es kan den Augen gantz versagen Den Schein / der Lust erkiest; Nach seufftzen / ach und Leidt Kömpt dennoch wiederumb die frewdenreiche Zeit / Die Hertz und Sinn erquickt; gleich wie nach einem Regen Apollo besser scheint; die Frewd ist auff den Wegen / Wen Trauren bey uns ist. Ein Unmensch muß es sein / Der hier nicht etwas sucht / das ihm gefellt allein / Und das er sich erkiest; In dem ich dieses setze / So fellt mich Fretow ein / damit Ich mich ergetze; Das Feld / da Freundtschafft blüht / die Kummerwenderin / Des starcken Todes Todt / da auch der Musen Sinn Und Geist die Flügel kriegt. Ein ander lobe Güeter / Ich Lob und Liebe nur die Treue der Gemütter / Die Fretow auch erkiest; das Feld / das schöne Thal Ist mit der Freundschafft Lust gezieret überall: Der Ort / der schönste Ort / da bey den küelen Quellen Die Musen ihre Lust / und ihren Tantz anstellen / Daselbst der grüne Pan auff seiner Feldschalmey Den Nimphen lieblich spihlt / so lange bis der Rey Wirt gäntzlich angestellt; Hier sieht man ümher lauffen Der Satyrn gantze Schar / und der Najaden Hauffen; Man sagt / daß Venus hier zum ersten sey verliebt / Darumb sie diesen Ort uns zu bewohnen giebt / Damit die Liebe magk an diesem Orte bleiben / Und hier Regirer sein: drüm wil ich einig schreiben Von dieses Ortes Lust; Hier sieht man umb den Strauch Ein Bildt der Liebe stehn / bei jenem Brunnen auch / Hier trewe Freunde gehn / dort dan die Götter sitzen / Die unser liebes Feldt für Feientschafft beschützen. Der klugen Schwestern Schar stimbt hier so lieblich an / Daß auch ein sterblich Mensch nichts bessers hören kan. Hier sehn von fernen zu die werten Pierinnen / Was Ihre Kinder doch für Freundschafft halten künnen. Der Himmel lachet selbst / dieweil ihm auch gefellt Die Trew und Redligkeit / die auß der gantzen Welt Hieher gelauffen ist; Die Berg und Hügel springen Mit ihren Bluhmen auff; Die Echo hört man singen; Die Todten leben da; man sihet nichts den Lust / Die ihr / der Städte Volck nur gentzlich meiden must. Nun fragstu / was es sey / daß jener kam gelauffen In unsre Compagney / und sagte von dem Hauffen Der Kelber krummen sprunck? Hier geht der Sonnen Vieh / Davon Homerus schreibt / das weidet nuhmehr hie / Und lest die Insel stehn / darin es vohr gewesen / Als Ihn'n Ulisses Volck die besten ausgelesen / Und in den Bauch verschart; Hier geht die weisse Kuh / Die Argus hütten muß / und lauffet mit herzu / Die Wiesen zu besehn; und diese Lust empfinden Sunst keine nur als die / die hier sich auch verbinden In einen festen Bandt. Wir sehn die Götter nicht / Im fall Apollo uns den Nebel über ziecht: Die Feder aber macht / daß wir fast täglich sitzen / Und hören fleissig zu auff des Parnassus Spitzen Der dreymal dreyen Chor / davon uns Hertz und Sin Gleich gantz als fewrich wirt / und von der Erden hin Bis an die Sterne fleucht. Und möcht uns etwa fragen Ein solcher / der nicht weiß von dieser Lust zu sagen / Der in der Stadt nur wohnt / da nichts als Krieg und Streit / Als böß gerüchte wechst und harte eisern zeit / Woher der Nahme sey / den dises Dorff bekommen? Der wiße / daß er nicht aus Griechen ist genommen / Noch auß Arabien / den Fretow ist ein Wort / Das von der Einfalt Volck / den Bauwren / erst gehört / Den'n es zum ersten mahl ist in den Mund geflogen / Und etwan unbedacht dem Dorffe zugezogen / Dieweil der Ackersman auff seinen Pflug nur denckt / Und mit der Wörter zier sich leßet ungekrenckt / Weils sein Beruef nicht ist; Der Nahme mag so bleiben / Wans aber nöttig thut / so kan man ihm zu schreiben Viel Nahmen / die es werth / und mit der that erfüllt: Es heißt ein Ort / da man die Last der Sorgen stillt; Ein Wohnplatz aller Lust / von Pallas außerlesen; Ein Kunststück der Nathur; es heist ein herlich wesen / Dz Göttern selbst gefellt; ein Ort / der Freundschafft trägt / Und allen Haß und Streit von seiner Seiten legt. Wens recht genennt soll sein / so magk man billich sagen: Ein Ort / darauff ein Mensch sein gantzes wolbehagen / Und alle Sinnen setzt /der Götter steter Preiß / Und grüner Tantzplatz selbst / Ein Irdisch Paradeiß / Der Freundtschafft festes Schloß: Den Freundschafft ist und bleibet Dieselbe die mich itzt zu meiner Feder treibet; Die Freundschafft ist mein Trost / die Freundschafft ist mein Raht / Die Freundschafft / die mich selbst mir fast genommen hat / Ist meine högste lust. O wolte Gott vergönnen / Daß mir mein Fretow nur so würde lieben können / Als ich es lieben kan / es solte Damon nicht Und Pythias / die doch der Freundtschafft helles Liecht Und Krone sein gewest / den ruhm mehr können führen / So herlich solte uns das Liecht der Freundtschafft zieren! Ach! wünsch ich / möcht ich itzt / ach mögt ich immerzu Bey meinen Freunden sein / so wehr ich voller Ruh / Und außer aller Noth! Ja durch der Freundschafft Gaben Sol Fretow seinen Sitz gahr nah den Sternen haben / Und über alles gehn / was dieser ErdenKreiß / Und wehr er noch so groß / für schöne sachen weiß / Und in sich tragen kan. Zwar Fretow hat nicht sachen / Die nur die Haut / und nicht das Hertze schöner machen / Hier ist kein gülden Koht / dem nur ein Narr ist holdt / Die Freundschafft aber ist hier gülden ohne Goldt. Hier findt man kein Gebäw / das an den Himmel reichet / Und unterdessen doch der Höllen wenig weichet / Weil dieses einig nur ist hohe Nidrigkeit / Und Hoffart wieder Gott / der doch von Hoffart weit / In Demuht oben sitzt / hier findt man keine Mauwren / Die dreißig Ellen dick; Hier bauwen uns die Bauwren Von Strauchen einen Zaun / davor die Freundtschafft steht / Damit der Feiend nicht auff diesem Sande geht / Der nichts als Freundtschafft trägt; Hier ist kein Werck zu schauwen / Darauff man zwantzig Jahr und länger müßen bauwen; Hier ist kein künstlich Bildt der Sonnen auffgericht / Das köstlich heißen soll / und doch bestehet nicht; Hier ist der Tempel der Dianen nicht zu spüren / Den man in so viel Jahrn kaum wissen auffzuführen; Hier ist dem Jupiter kein Contrafeyt bestellt / Das / ob es zwar ist schön / doch stirbet mit der Welt; Hier ist kein kunstlich Werck / das da zu einem Zeichen Den Schiffen ist gesetzt / die bald den Port erreichen / So bald sie nur ein Liecht hienein gesetzet sehn / Dadurch sie in der Nacht des Weges nicht entgehn. Hier ist kein Wunderberg / der siedent Hartz ausspeyet / Wie sunst Vesuvius / und seine Flammen strewet Mit hauffen Himmel an; hier sieht man keine Grufft / Darauß die blinde Welt das Goldt zum Gotte rufft. Zwar ist ein Werck / da die Natur hat anbeweiset Ein guhtes Meisterstück / wol würdig / daß mans preiset / Und in die Bücher setzt / so ist mein Fretow doch / Da selbst die Einfalt wohnt / viel besser aber noch / Als da man Trug und List bey schönen Künsten findet / Hier / hier ist Lieb und Trew / die nicht so leicht verschwindet / Als vieler Menschen fleiß / darümb man Fretow findt In vollen Bluhmen stehn / so lange Bücher sindt / Und Tugendt oben steht. Hier hat sich selbst erwehlet Die Tugend einen Sitz / und sich mit uns vermehlet / Die nicht Betruch und List noch falschheit leiden kan / Und sieht viel lieber hier die klahre Einfalt an / Als dort ein köstlich Schloß / sie will uns selber preisen / Drüm / daß wir Ihren Wegk mit steiffem Fusse reisen. Thalia windet uns schon eine LorbärKron / Das ist der Freundschafft Recht / und wolverdienter Lohn. O wol / und aber wol / der nur allhie kann bleiben / Und mit der Freundschafft Trew der zeiten Rest vertreiben! Was will dan thun der Todt? Was will dann thun der Neidt / Bey dem / der ist befreyt auß aller Sterbligkeit? Ach mögt ich immerzu allhier die Schaffe weiden / Wie gerne wolt ich doch den Schäffer nahmen leiden! Macht mir alhier ein Grab / dan Fretow ist mein ziel / Und wann ich da nur bin / so bin ich / wohr ich wil. |
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