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Hedwig
(1882-
 
 Caspari
1922)
 
 
 
Jerubbaal
 
Gideon, Gideon,
Was schlägt dein Flegel
Den Weizen, als wäre
Nichts in der Welt
Als gelbes Korn und deine Kraft?
Gideon, Gideon,
Unter der Eiche zu Ophra
Harret ein Mann,
Des Antlitz großes Leuchten.
Junger Knabe, der Engel des Herrn
Harret deiner
Unter der Eiche zu Ophra.
 
Gideon, Gideon, ist der Hall
Fallenden Flegels
Takt deines Blutes?
Weißt du es nicht: wen der Engel des Herrn
Antritt zu einer Stunde,
Dem wächst die Stunde,
Der wächst
Hoch
Über das Einmaß der Stunden.
Gideon siehe: es tritt dich an.
Horche Berufener,
Horche, es spricht:
»Streitbarer Held, ziehe hin,
Ziehe hin in deiner Kraft!«
 
Knabe, Knabe, Gott schenkt dir Zeichen.
Sieh, wie aus Felsen
Feuer fährt.
Dein Opfer faßt
Flamme des Herrn.
Sieh, wie der Mann
Des leuchtenden Wortes
Aufsteigt im Sturm
Flackernden Opferbrands.
Glaube an deine Kraft.
 
Warest du stark nur, da
Weizen du schlugest,
Unbewußt deiner Macht?
Verkriecht sich die Stärke
Im Zweifel zagender Seele,
Da Gottes Mund durch Wunder zeugt
Von deiner Kraft?
Knabe, du zerrst an Gottes Händen:
»Beweise, Beweise!«
 
Zitterst du, Gideon, daß sein Zorn
Ergrimme über dich Zagen?
Dem Dreschenden war kleine Tat
Erfüllter Tag,
Doch Gott
Des Sabbaths Ruhe nach erfüllten Taten.
Aber du bist dem Herrn, Gideon,
Wie täglich Brot.
Er hat kein ander Gewaffen, denn dich
Vor Baal und Aschera und seinen Feinden.
 
Dein Wollen, Knabe,
Zwingt Gottes Hand.
Urewigen Gang seiner Welt
Kettet er deinem Geheiß.
Denn er fürchtet dein Zweifeln, Gideon,
Den Wurm deiner Kraft.
Dir aber bangt vor der heischenden
Unkraft des Herrn.
Schwäche an Schwäche ringt
Großen Kampf.
 
Nur deine Brüder hassen
Den Wissenden.
Gott liebt dich, da
Du seine Schwäche weißt.
Gideon, schon zündet die Kraft,
Es harret das Volk,
Es bersten die Quadern im Hause des Baal,
Schon trittst du aus Trümmern, Jerubbaal,
Streitbarer Held,
Und an dein Knie
Schmiegt Gott sich wie ein zahmes Tier.