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Friederike
(1765-
 
 Brun
1835)
 
 
 
An meine Kinder,
den 20. April 1785
 
Wie süß du schläfst!
  Als hätten Himmelsengel
    In Schlummer dich geküßt!
 
  Gerne holder Knabe,
    Küßte deine Mutter
  Dir die Rosenwange,
    Dir die Rosenknospe
  Der halboffnen Lippen -
    Doch sie fürchtet zu scheuchen,
  Den Leisathmenden Schlaf!
 
Ach vor wenig Tagen,
  Schlummertest, Geliebter,
    Du nicht leisen Schlaf!
  Feuchte Todesblässe
    Deckte deine Wangen,
  Und die Rosenknospe
    War verblüht!
  Und des Schlafes Bruder
    Schwebte ernsten Fluges,
  Nahe, nahe Dir!
 
    Ach! es fließt die Thräne
      Bang' die Wang herab!
 
Kleine süsse Seele,
  Schatten meines Kindes,
    Schwebtest du um mich?
  Flüsterst du dem Bruder
Aus den Himmelslauben
  Engelträume zu?
 
Ach es gebahr mit Schmerzen,
  Deine Mutter dich!
Ach! es säugte mit Schmerzen
  Deine Mutter dich!
Und mit blutendem Herzen,
  Gab die arme Mutter
Dich dem treuen Schooße,
  Deiner ersten Mutter hin!
 
Unter duftenden Schatten
  Hoher Lebensbäume,
    An den blühenden Ufern
  Ewger Lebensbäche
    Leiten sanfte Engel
  Zartes Knäblein dich!
    Flößen bessre Nahrung,
  Als der Mutter Busen,
    Süsses Kind, dir reichte,
  Flößen Himmelsspeise
    Deinem jungen Geiste ein!
 
Schlummert beyde sanft!
Erstgebohrner, dich wecket,
  Aus der Kindheit frohem Schlummer
Einst der Leidenschaften Sturm!
  Und auf wildem Meere
    Treibt der kleine Nachen,
      Dann umher!
 
Glücklicher, den frühe
  Still der Tod gepflückt,
  Keine wilden Stürme
    Drohen dir!